Als „Alpha-Mann“ den Willen von „Hot Babes“ brechen: Das versprechen Pick-up-Artists und selbsternannte Dating-Coaches auf Social Media. Wer sind die Männer, die so auf Frauenjagd gehen?

„Laura ist 31 Jahre alt, hat tolle, lange blonde Haare, riiiieeesige Möpse, einen gigantischen Arsch, welcher förmlich darum bettelt malträtiert zu werden und durch ihre Brille sieht sie aus wie eine Sekretärin aus nem Brazzers Streifen haha.“ (sic)

Das schreibt „CaptainFalcon96“ zu Beginn seines „Field Reports“, der die Überschrift „Pornosekretärin“ trägt. CaptainFalcon96 ist nach eigenen Angaben männlich, lebt in Mordor und interessiert sich für „Gym, Bikes, Pussys“. Und er ist ein Pick-up-Artist.

Das Phänomen des Pick-up-Artists ist kein neues. Ihren Ursprung hat die in den 90er Jahren entstandene Szene in den USA. Durch umstrittene Persönlichkeiten wie den Beziehungscoach Julien Blanc wurden die selbsterklärten Verführungskünstler weltweit bekannt. Um 2014 sorgte der gebürtige Schweizer und Wahl-Amerikaner für Schlagzeilen, als er in Videos zu sexueller Gewalt gegen Frauen aufrief.

Seit geraumer Zeit lässt sich eine Radikalisierung der Szene und zunehmende Nähe zu rechtspopulistischen Kreisen ausmachen. Experten wie die Geschlechterforscherin und Soziologin Franziska Schutzbach attestieren der Pick-up-Artist-Szene „neoreaktionäre Weltanschauungen“ und sehen einen engen Zusammenhang zwischen antifeministischer und rechter Rhetorik.

Inzwischen häufen sich auch hierzulande die Berichte über Männer, die, oft in Rotten unterwegs, Frauen auf der Straße, in Bars oder Clubs nicht nur ansprechen, sondern aktiv belästigen. Betroffene Frauen berichten davon, bedrängt, gar verfolgt worden zu sein. Zurückweisungen hätten die Männer nicht akzeptieren wollen, stattdessen drängten sie auf eine Verabredung und reagierten mit Beleidigungen.

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„Tinder, Bumble und all diese Apps funktionieren im Grunde genau wie Instagram. Ich stelle Bilder von mir ein und werde permanent bewertet“, erläutert Andreas Baranowski. „Unser Belohnungssystem reagiert auf soziale Bestätigung. Erhalte ich also ein Like, wird bei mir Dopamin ausgeschüttet. Mein Belohnungssystem wird süchtig nach dieser Bestätigung. Bleibt diese aber aus, ist das gleichbedeutend mit einer Bestrafung.“

Dies gilt natürlich gleichermaßen für Männer wie Frauen – der Umgang der Geschlechter mit solchen Enttäuschungen unterscheide sich laut Baranowski jedoch stark. Während Frauen dazu tendierten, die Fehler bei sich selbst zu suchen, sich sogar als unzureichend abzuwerten, machten Männer häufiger andere verantwortlich.

Erlebt ein Mann Zurückweisung, erklärt der Psychologe, werde die Frau eher zur „undankbaren Schlampe“ degradiert. In den Pick-up-Foren finden ebendiese Männer Gleichgesinnte und treiben sich in ihrer Wut und Lust weiter an.

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  • carbonicnoodle@feddit.de
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    11 months ago

    Schöner Text.

    War und bin selber ein Weirdo. Traf dann eine andere Weirdo und wir leben seitdem sehr glücklich zusammen.

    Moral von der Geschichte: Wenn Du in den Augen anderer komisch bist, hast Du vielleicht auch nur die falschen Personen um Dich.

    Edit: Was wir immer gemacht haben: uns immer respektiert und uns die Zeit gelassen gegeben(!). Also nie gedrängt, nur signalisiert, dass man da ist, wenn gewünscht. Und das ist das Gegenteil von Pick up Artist Müll.