… Eine aktuelle Studie der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) zeigt jedoch, dass sich ein Großteil der deutschen Firmen auch knapp 80 Jahre nach Kriegsende noch immer nicht wirklich mit seiner braunen Geschichte befasst hat. Historiker haben 1250 deutsche Unternehmen unterschiedlicher Größe analysiert. Davon ließen nur acht Prozent das düstere Kapitel ihrer Firmenchronik umfassend wissenschaftlich untersuchen – ein niederschmetterndes Ergebnis.

Gerade bei den analysierten Bauunternehmen sowie in der Baustoffindustrie gibt es in keinem einzigen Fall Studien, die sich ausschließlich mit dem Thema Nationalsozialismus befassen. Ähnlich sieht es bei den Brauereien und Getränkeherstellern aus. Auch beim Maschinenbau und bei Automobilzulieferern, den laut Untersuchung »wichtigsten Branchen des deutschen Mittelstands«, war eine NS-Studie nur in sechs von 145 Fällen zu finden.

Der Nationalsozialismus ist für den deutschen Mittelstand ein unterbelichtetes Thema. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass immer nur so viel zugegeben wird wie notwendig. Bei rund 720 aller untersuchten Unternehmen gab es laut Studie zwar auf den Websites einen Hinweis auf unternehmerische Tätigkeiten während der NS-Zeit, aber kein Wort dazu, inwieweit sie von Terror und Ausbeutung profitierten. Nur sechs Prozent schrieben etwas Konkretes zu ihrer Involvierung in die NS-Politik, zum Beispiel durch Rüstungsaufträge, Zwangsarbeit oder »Arisierungen«, darunter das Bauunternehmen Matthäi oder der Automobilzulieferer Webasto.

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