Oftmals wird ja argumentiert dass bei der maskulinen Form die weibliche miteinbezogen ist, umgekehrt aber regt es auf. Also kann es nicht ganz unbedeutend sein.
Ich finde es einen spannend Denkansatz und die Reaktion zeigt dass darüber durchaus gesprochen werden muss.
Doch, natürlich. Wenn das Geschlecht unbestimmt ist und man nicht gendert, dann wird klassischerweise die (generisch maskuline) Grundform verwendet.
“Frag doch mal deinen Hausarzt.”
“Ich glaub da geh ich besser zum Rechtsanwalt.”
“Der Chef von dem Laden ist bestimmt reich geworden damit.”
“Dort wird bald wieder der Präsident gewählt.”
Ja, aber wenn man es kennt, nicht.
Merkel war ja bekanntlich Kanzlerin. Im Gegensatz dazu geht man gerade im englischsprachigen Raum den gegenteiligen Pfad.
Dort war Thatcher Prime Minister, selbst bei den Oskars wo man getrennte Kategorien für Männer und Frauen hat, heißt es female actor, usw.
Und genau an der Stelle hat es die Form eines im Singular verwendeten generischen Maskulinuns. Es gibt in der Grammatik das spezifische Genus, also die sprachliche Präzisierung (“Kanzlerin”) und die allgemeine, generische Form, die dann greift, wenn das Geschlecht unbestimmt ist. Und zwar eben auch im Singular.
Was du meinst ist wohl eher, dass ein feminines Genus überhaupt existiert.
Das Problem an einer generisch maskulinen Sprache ist aber gar nicht, dass die Präzisierung weiblicher Begriffe nicht möglich sei. Im Gegenteil: Gäbe es nur ein grammatikalisches Geschlecht, würden wir das nicht als männlich wahrnehmen - sondern eben als Standard. Weil es verschiedene Geschlechtsendungen gibt, wird “Kanzler” als maskulin erkannt, aber trotzdem oft generisch verwendet. Genau das ist das Prinzip des generischen Maskulinums.
Genau das ist ja das Argument.
Dort wo das Geschlecht einer Person bekannt ist, wird heute das entsprechende Genus verwendet: “KanzlerIN”.
Würde man IMMER das generische Maskulinum anwenden, also auf ein feminines Genus komplett verzichten, würde man den Begriff Kanzler nicht mehr als explizit männlich wahrnehmen.
Solange es noch als Maskulinum erkennbar wäre, hätte man trotzdem einen Geschlechtsbias. Ich glaube ich verstehe schon, was du meinst, aber rein begrifflich: Was du tatsächlich möchtest wäre eben kein generisches Maskulinum, sondern quasi ein (nicht nur generisches, sondern generelles) Neutrum.
Ich weiß nicht ob du die anderen Kommentare gesehen hast; weiter oben habe ich ein wissenschaftliches Paper zu der Fragestellung verlinkt. Hier wird gezeigt, dass bewusstes Gendern für die konzeptuelle Gleichberechtigung viel effektiver ist als eine genderlose Sprache. Aus der Diskussion:
(S. 12-13 im verlinkten Dokument, S. 278-279 nach Originalnummerierung.)
Nein, DER Kanzler ist maskulin, DIE Fachkraft ist feminin.
Bei der Fachkraft geht aber keiner Standardmäßig davon aus, dass es sich pauschal um eine Frau handelt.
Was das Paper angeht:
Wenn es selbst in Sprachen, die NICHT geschlechterspezifisch sind, einen Bias gibt, einen Mann anzunehmen, dann bezweifle ich, dass der/die Kanzler:in diesen Bias beseitigen kann.
Und warum soll es das so noch nie gegeben haben? Du argumentierst dann ja ganz einfach für die Originalversion der Begriffe, eben vor dem Gendern, maximal eben noch ergänzt um ein Sprechverbot der existierenden, femininen Bezeichnungen.
Wirf doch mal einen Blick in das Paper. Dass diese sprachlichen Unterschiede tatsächlich einen Effekt haben ist exakt das, was dort gezeigt werden konnte.
(Klar, mir ist schon bewusst, dass die meisten Menschen die wissenschaftliche Evidenz bei dem Thema ganz gern mal ignorieren, aber wenn es dich tatsächlich interessiert, dann ist es eine spannende Quelle.)
Ja, ich plädiere für das generische Maskulinum (bzw. Femininum wo anwendbar) ohne auf das Geschlecht de bezeichneten Person einzugehen.
Das hier ist kein akademischer Diskurs in der sich jeder erst vollständig in den aktuellen Stand der Forschung einlesen muss.
Das ist eine öffentliche Diskussion. Wenn du jemanden mit Fakten überzeugen willst, dann must du diese Fakten präsentieren.
In dem von dir zitierten Part finde ich nichts was gegen meinen Vorschlag spricht.
Dagegen gibt es dieses:
-Seite 13 des verlinkten pdf.
Dein Paper argumentiert, dass eine Gender-neutrale Lösung erfolgversprechender ist als eine Gender-symetrische.
Ich glaube da hast du was missverstanden. In dem von dir zitierten Absatz wird ja genau argumentiert, dass eben gerade gender-symmetrische Lösungen besser sind (und das “natural gender languages”, hierzu zählt Englisch, es darin leichter haben als “gendered languages” so wie Deutsch).