Ich hab ein paar Probleme mit dem Kommentar. Mal Abschnitt für Abschnitt:
Die deutsche Frau trägt im Schnitt Größe 44
Es wird etwas als “normal” dargestellt, das einfach nicht normal ist. Es sind, Stand 2019, etwa 54% der erwachsenen Deutschen übergewichtig (Quelle). Wenn man entsprechend einfach die Durchschnittsmaße nimmt, landet man am Ende bei einer übergewichtigen Person. Das soll jetzt ausdrücklich kein Fat-Shaming, sondern nur die Bitte dies nicht zur Norm werden zu lassen, da Übergewicht Risikofaktor für diverse Krankheiten, insbesondere Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen und Gelenk- und Rückenbeschwerden (gleiche Quelle) ist.
Dazu kommt: auch wenn nicht explizit angegeben wird, welches Mittel verwendet wird, liegt die Vermutung nahe, dass das arithmetische Mittel genutzt wurde. Dies ist aber bei den gegeben Daten sicher nicht das richtige Maß. Das Problem ist, dass dies leicht in Richtung Übergewicht verzerrt wird, da bei einem arithmetischen Mittel eine Person die 100% über dem Mittel wiegt durch eine Person die 100% unter dem Mittel, also gar nichts, wiegt ausgeglichen werden müsste. Das eine ist plausibel, das andere nicht. Von daher braucht es immer mehrere etwas leichtere Personen um eine deutlich schwerere Person auszugleichen, wodurch das arithmetische Mittel am Ende über bspw. dem Median oder dem geometrischen Mittel liegt.
Die Standard-Konfektionsgrößen passen nicht zu unseren Körpern.
Ich kann hier beim besten Willen nicht nachvollziehen, welche Aussage hier getroffen werden soll. Es wird sich selbst Widersprochen. Erst wird bemängelt, dass die Maße diverser Hersteller nicht zu den ermittelten Standard-Körpermaßen passen nur um direkt im nächsten Abschnitt zu betonen, dass Menschen nicht genormt sind. Von daher sollte es ja eigentlich etwas Gutes sind, dass alle Hersteller etwas andere Maße anbieten.
Die meistverkaufte Größe in Deutschland ist zu klein für die Durchschnittsfrau.
Die hier genutzten Metrik für “Durchschnittsfrau” hatte ich ja bereits zuvor kritisiert. Und spätestens hier sollte man zumindest in Betracht ziehen, ob es nicht einen Fehler in der genutzten Methodik gibt. Kleider sind etwas, was grundsätzlich alle brauchen. Und wenn man sich nicht gerade seine Kleidung selber schneidert, strickt, oder Ähnliches, dann muss man diese fertig kaufen. Klar ist die zu Grunde liegende Kritik, dass das Angebot ab Größe 44 deutlich geringer ist, aber irgendwas müssen diese Personen trotzdem tragen und somit kaufen. Die Erwartung sollte also sein, dass die Konfektionsgröße der “Durchschnittsfrau” innerhalb des Bereichs der meistverkauften Größen liegt.
Es wird festgestellt, dass dem nicht so ist und daraus ein Indiz abgeleitet, dass ein Großteil der Kleider in Größen verkauft werden, die eigentlich zu klein sind. Oder anders herum ausgedrückt, dass ein Großteil der Kunden Kleider kaufen, obwohl sie ihnen eigentlich nicht richtig passen. Der alternative Erkläransatz, dass Kleider in passenden Größen gekauft werden, aber das Modell der “Durchschnittsfrau” fehlerbehaftet oder zumindest unzureichend ist, wird schlicht außer acht gelassen.
Diese Gegenthese wird dann ebenso von der knapp 30 Jahre alten Statistik, die später heran geführt wird, gestützt. Dort ist zu sehen, dass die häufigste Konfektionsgröße 40 war. Im Folgenden werden noch ein paar verzerrte Daten präsentiert, indem jetzt plötzlich nicht mehr Konfektionsgröße 44 und größer, sondern 42 und größer betrachtet wird. Die Aussage, dass am häufigsten Konfektionsgröße 44 getragen werden müsste sehe ich durch die hier präsentierten Daten als nicht stützbar an.
In den letzten Abschnitten wird dann dennoch die Behauptung, dass die meisten 44 tragen, oder zumindest tragen müssten, dennoch als Fakt angenommen und ein bisschen davon ausgehend gemutmaßt.
Bitte versteht mich nicht falsch, die Aussage das schöne und elegante Mode jedem zugänglich sein sollte finde ich gut. Dennoch sollte man klar differenzieren, was belegbare Fakten und was Meinungen sind.
Ich würde dir da in einem elementaren Punkt widersprechen wollen: Klar ist Übergewicht gesundheitlich nicht perfekt. Aber es ist jetzt definitiv nicht die Rolle der Modeindustrie, dass sie Frauen durch ihre Produkte irgendwie zum Abnehmen bringen soll. Man kann sicherlich gesellschaftlich über Sport, Gewicht, gesunde Ernährung und so weiter debattieren und auch entsprechende Programme auflegen und Leute zum Abnehmen motivieren, aber das muss dann eine breite Debatte sein und eben nicht nur völlig random von der Einkaufsabteilung bei C&A vorgegeben werden.
Frauen zum abnehmen zu bringen ist sicherlich nicht das Anliegen der Modeindustrie. Die schneidern halt Kleidung mit den Proportionen wie sie lustig sind und die Leute kaufen es oder nicht. No harm, no foul. Es ist geradezu lächerlich in unserer Welt zu behaupten, der Markt würde für bestimmte Bedürfnisse nichts hergeben.
Danke für diesen sehr guten Kommentar. Sowas wie der Artikel kommt halt dabei raus, wenn man meint “Mathe braucht doch später eh keiner, ich werde Journalist”.
Klar ist die zu Grunde liegende Kritik, dass das Angebot ab Größe 44 deutlich geringer ist, aber irgendwas müssen diese Personen trotzdem tragen und somit kaufen. Die Erwartung sollte also sein, dass die Konfektionsgröße der “Durchschnittsfrau” innerhalb des Bereichs der meistverkauften Größen liegt.
Dafür gibt es aber noch viele weitere mögliche Erklärungen. Frauen kaufen dann halt in der Herrenabteilung (z.B. Shirts), Frauen kaufen dann allgemein seltener ein als sie vielleicht möchten und tragen länger alte Sachen, Frauen weichen auf andere Modelle aus (z.B. “Kleider finde ich nicht in der passenden Größe, dann muss es zur Hochzeit der Freunde halt ein Hosenanzug sein” o.ä.), Frauen kaufen irgendwelche Schlabberpullis beim Noname Discounter, der garantiert nicht in die Zahlen der Befragung der “Modelabels” mit eingeht usw… Natürlich verzerrt das die Statistik. Frau kann nur kaufen, was im Laden vorhanden ist. Das sind Beispiele aus dem Bekanntenkreis, keine Fiktion.
Du zitierst doch selbst 54% Übergewicht bei Erwachsenen. Wie soll da die echte Nachfrage im kleineren Bereich konzentriert sein?
Ist bei den Männern doch nicht anders. Ich hatte mich vor kurzem auf die Suche nach neuen Schlafanzügen gemacht. Größe M passt oben, die Hose sitzt aber zu eng, was ich beim Schlafen unbequem finde. Größe L, die Hose passt, das Oberteil ist ein Clownskostüm. Anderer Hersteller: Größe 52 (was ich jetzt auch trage, allerdings mittlerweile 20 Jahre alt und etwas löchrig…), die Hose passt, die Ärmel gehen mir bis zu den Fingern.
Welcher Hersteller produziert noch ordentliche Schlafanzüge, die nicht auf Schimpansen zugeschnitten sind?
Ich würde mal behaupten, bei Frauen ist es noch ein ganz kleines bisschen schwieriger, weil Frauen halt mehr Kurven haben (meistens, da fängt das Problem schon an) und es damit mehr Maße gibt, die einbezogen werden müssen und die nicht unbedingt in einem proportionalen Verhältnis stehen.
Aber ist ja im Prinzip auch egal, am Ende leiden wir alle unter dem gleichen Problem: Dass eine Vielzahl an Körpermaßen (z. B. Brust, Taille, Hüfte, Oberkörperlänge, Schulterbreite bei Oberteilen) auf eine einzige Größe reduziert werden. Dann muss man sich im Endeffekt nach dem Maß richten, das die größte Kleidergröße verlangt und der Rest sitzt dann halt beschissen. Bei Hosen hat man ggf noch das Glück, dass es zwei Größen sind, aber das hilft den Leuten auch nicht, bei denen eine andere Variable abweicht (Hallo Mitleidende, deren Taille zu schmal für die von der Hüfte vorgegebene Größe ist!).Wann 3D-Scanner+automatisierte Schneidermaschine, die billige maßgeschneiderte Kleidung produziert? Ich habe ja das Glück einen absoluten Allerweltskörper zu haben, wo die normalen Größen problemlos gut passen. Das sollen andere auch haben.
Ist ja nicht nur bei Frauenklamotten so. Weil ich fett bin, kann ich keine Hosen von den normalen Marken kaufen, geschweige denn fair produziert, weil die alle nur Größen für vegane Spargelsörens anbieten; kaufe daher die von Kinderhänden gefertigen “Amazon Essentials” Hosen, die gibt es nämlich in nur allen erdenklichen Zwischengrößen.
Spargelsören hier, ich habe aber das gleiche Problem. Als schlanker 2m-Mensch ist es tatsächlich schwer Hosen zu finden, die einem nicht einfach runterrutschen.
Und man hat immer die Wahl zwischen “Zelt mit ausreichend langen Ärmeln” und “sitzt am Oberkörper, reicht aber nur bis Mitte Unterarm”.
Hosen haben meist zumindest zwei Maße, bei Hemden etc. finde ich es noch schwieriger, eine gute Passform zu finden.
Hosen haben vielleicht nur 2 Masse gegeben, aber der Schnitt kann dann doch nich erheblich variieren. Zum Beispiel wenn man etwas dickere Oberschenkel hat wirds oft problematisch.
Ah ja, die Phase damals, als alle Hosen “skinny fit” waren, und jeder, der einmal ein Fahrrad schief angeschaut hat, schon nicht mehr reingepasst hat.
Bei Hohenstein warnt man allerdings davor, mit neuen Bezeichnungen noch mehr Chaos ins Größensystem zu bringen.
Ja, ne, noch mehr Chaos. Ich trage Klamotten in M, L, XL, XXL, von “klassischen” Konfektionsgrößen mal gar nicht angefangen, da passt mir sowieso nichts. Chaos ist mir egal, ich will passende Klamotten!
Und so lange sage ich auch, das Gejammer, dass so viel zurück geschickt wird kann ich nicht ernst nehmen. Wenn ich keine Wahl habe, als 20 Pullis zu bestellen, ob der Hoffnung, dass zumindest einer passt, wie soll ich denn sonst was anziehen können?
Also insgesamt geht mir der Artikel zu sehr am Problem vorbei: wir haben doch eigentlich längst die Technik (ein paar Ansätze waren ja im Artikel, für offline vielleicht ein QR-Code im Label oder so), wir müssen nur das Problem angehen. Und wenn dafür ein neues Größensystem (das eben nicht aus einer Zahl besteht, die zwangsweise die Komplexität des Körpers nicht erfassen kann) notwendig ist, dann bitte EU, lass krachen!
Da hat einer die Dienstmeldung wohl übersehen
Meinst du die mit den neuen Regeln, die ab morgen greifen?
Whoops ab morgen ok.
Aber ja
Was für eine dienstmeldung ist es die da ab morgen gilt?
Dienstmeldung: Neue Regeln für die DACH-Community
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